Dienstag, 17. Juni 2014

Siebzehnter Juni und die Rolle von Egon Bahr

Huhu, liebes Blogvolk.

Heute gibt es sicherlich wieder die üblichen Artikel und Kommentare der Qualitätsjournalisten zum siebzehnten Juni. Das man die Ereignisse im Jahr 1953 durchaus anders darstellen kann, ist heutzutage leider nicht mehr selbstverständlich.
Vor einiger Zeit hatte ich diesbezüglich schon auf das Buch von Hans Bentzien hingewiesen. Diese Empfehlung möchte ich mit einem Zitat aus dem Buch heute noch einmal untermauern. In dieser Textstelle geht es um die Spontanität beim Ausbruch des ‚Arbeiteraufstandes‘ und um die Rolle des RIAS und speziell von Egon Bahr. Richtig gelesen: Egon Bahr. Der spätere Ostversteher hatte 1953 viel getan, um die noch junge DDR, wollen wir es mal positiv formulieren, zu schädigen.

Hier die Textstelle:

Der Museumsmitarbeiter Günter Wittek berichtete von einer 70jährigen Besucherin, die 1998 in seine Räume kam und sich als eine der eingeschleusten ‚Demonstrantinnen‘ zu erkennen gab, die aber am 17.6. bereits wieder ausgeflogen wurden. Weshalb? wollte der Museumsmann wissen, da doch am 17. Juni die Streiks begannen. Sie erklärte: „Ja, aber wie es wirklich dazu kam, das werden Sie nicht wissen. Wir waren ca. 70 bis 75 junge Frauen und Männer aus Westdeutschland und Westberlin und erhielten u. a. von Vertretern des RIAS- Egon Bahr war auch dabei-den Auftrag, am 16. Juni 1953 abends in die Wohnunterkünfte der ‚Stalingrader Brigaden‘ zu gehen und die Leute zum Aufstand aufzufordern.“ Was denn diese Brigaden seien? fragte Wittek. „Das wahrende Bauarbeiter der Stalinallee, wir nannten sie so. Diese Leute waren in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht und verbrachten mit allerlei Beschäftigungen diesen Abend. Wir sagten ihnen, dass morgen Früh, um 09:00 Uhr, ein Aufstand stattfindet, der RIAS wird dazu aufrufen (Scharnowski wußte wohl nicht genau Bescheid und nannte 07:00 Uhr) und alles muss auf die Straße! Viele schauten ungläubig, aber wir konnten uns auch auf verschiedene Unzufriedenheiten unter den Bauarbeitern stützen, und so haben uns die Brigaden auch zugehört. Für uns war es wirklich wichtig, dass es pünktlich um 09:00 Uhr losgeht und das um diese Zeit die Massen auf die Straße gehen. Wir waren dann am späten Abend nach Westberlin zurückgekehrt, sprachen über die Wirkungen unserer Reden und waren sehr gespannt, was am 17. Juni passieren wird.“

„Aber es wurde doch immer gesagt, dass der Aufstand spontan ausbrach“, wandte der Gesprächspartner ein.

„Ach, das musste doch organisiert werden. Es sollte sich dann alles von Berlin aus wie ein Lauffeuer ausdehnen. Doch es wäre bald schief gelaufen. Der Egon Bahr vom RIAS hatte die Zeit verwechselt. Anstatt zu 9 Uhr aufzurufen, verkündete er bereits um 8 Uhr, dass die Bauarbeiter der Stalinallee auf der Straße sind. Zu dieser Zeit war natürlich noch nichts im Gange. Später, nach vielen Wiederholungen im RIAS, hatte sich dann die Massen versammelt.“

„War Ihre Aktion nicht sehr gefährlich, es hätte doch ein viel größeres Feuer, ja sogar bewaffnete Handlungen entstehen können?“

„Ja, deshalb mussten wir aus Sicherheitsgründen - vor Beginn also - ausgeflogen werden. Außerdem hatten wir ja genügend Rückendeckung durch die Westmächte.“ (Spurensicherung, Zeitzeugen zum 17. Juni 1953, S. 151)

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