Montag, 10. Oktober 2011

Gelebte Demokratie - 1

Huhu, liebes Blogvolk,

jetzt mal was zu Stuttgart 21.

Ich weiß, ich weiß. Jetzt komme ich auch noch mit diesem Thema um die Ecke. Das ist ja kein Technik-Blog als solches, sondern kümmert sich nebenbei um die anderen Dinge des Lebens. Aber was bewegt mich denn, ein solches Thema aufzugreifen? Die Demokratie! Schnurgerade komme ich aus der Artikelserie über die Zeit der Wende oder Kehre, zu diesem Thema. Es ist genau die gefühlte Ungerechtigkeit, die die Leute 1989 auf die Straße trieb. Vielleicht weniger die Ungerechtigkeit, sondern die Ohnmacht, bestimmte Prozesse nicht mehr beeinflussen zu können. Genau das hat den Wut-Bürger der Jahre 1988/89 ausgemacht. Alte Herrenriegen entschieden in ihrer Abgeschiedenheit losgelöst vom wirklichen Leben. Alles was man heute zu wissen glaubt , deutet darauf hin, dass sie es nicht besser konnten oder nicht wussten. Im Prinzip taugt das beinahe für eine Entschuldigung. Aber sie wurden vom Wind der Ereignisse hinweggefegt, egal wie stolz und fest sie vorher im Sattel gesessen hatten.

Schauen wir mal auf die Wutbürger der Jahre 2010/11. Es gibt ein Planungsverfahren mit Bürgerbeteiligung. Wobei letzteres kaum den Namen verdient. Genau hier liegt auch der große Streitpunkt zwischen Tiefbahnhof-Gegner und -Befürworter. Die einen sagen: Man hat sich genau an den Gesetzestext gehalten und der Wutbürger, oder besser Zornbürger, sollte sich nach Abschluss aller nötigen Verfahren, mit den jetzt vorliegenden Planungen abfinden. So geht es nun einmal zu in der Demokratie und anders könne man kein so großes Bauvorhaben durchsetzen. So die Befürworter.
Die Gegner sehen das berechtigterweise ganz anders. Gerade weil großen Bauvorhaben in der Zukunft durchführbar bleiben müssen, sollten die Bürger heute durch die einzelnen Planungsphasen mitgenommen werden. Besonders die Wutbürger. Was passiert denn, wenn bei einem, sagen wir mal großen Bauvorhaben, die Bürger nur oberflächlich in diesen Prozess integriert werden? In so einem Fall kann ich schnell eine ganze Region gegen mich aufbringen. Wie zur Wendezeit, als sich neben den ‚Standard-Querulanten‘, mit einmal der gesamte, so würde man heute sagen, Mittelstand an den Protesten beteiligte, kam es bei Stuttgart 21 auch zu diesem Phänomen. Mitten im Ländle beteiligten sich zum ersten Mal die Leute aus den ‚gehobeneren Schichten‘ an derartigen Protesten. Wie damals!
Da halfen dann auch keine Hinweise auf die bisherigen Verfahrensschritte, die mehr schlecht als recht durchgezogen wurden. Und je mehr die Politik diese Bürger ignorierte, um so mehr standen von denen auf der Straße und um so weniger hatte die Politik die Lage unter Kontrolle. Wie damals!
Wie immer ist dann die Arroganz der Macht kein gutes Mittel, die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Man war sich seiner Sache, seiner Posten und seiner Macht so sicher, dass es den Politikern nicht mehr möglich war, dass Ruder herumzureißen. Wie damals!
Vielleicht war und ist die Verquickung der Macht mit der Wirtschaft so weit fortgeschritten, dass unter normalen Umständen keine Kurskorrektur mehr möglich war. Aber genau das ist der Punkt, um den sich alles dreht. Auch wie damals! Die Politik und Wirtschaft muss doch auch einmal die Demut besitzen, sich am Ende des Tages oder eines Abschnittes, zu schütteln und zu sagen: Wir sind in die falsche Richtung gerannt, lasst uns umkehren. Die Gründe hierfür sind die und die.
Man macht sich keine Freunde damit, aber die Ehrlichkeit politischer Entscheidungen und deren Anerkennung bei den Bürgern, würde sich erheblich verbessern. Das hat man bis jetzt noch nicht getan, auch nicht die neue Regierung. Aber mit solchen Entscheidungen würde man zukünftige Großprojekte erst wieder möglich machen. Da sind wohl fast alle aktiven Politiker in ihren eingefahrenen Denkschemen gefangen. Oder schlimmer ausgedrückt: In irgendeiner Form gebunden.

Das ist auch wie damals!

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